Über ein Jahr bin ich durch Europa gereist, mit meinem Mann und unserem Corsa. Auf unserer Reise hatten wir viele herzliche, spannende und lustige Begegnungen mit Menschen in über zehn Ländern – aber nicht nur mit Menschen: Auch einige Tierbegegnungen sind uns besonders in Erinnerung geblieben. Zu den tierischen Höhepunkten unserer Reise gehörten eine wilde Schildkröte am Shkodra-See in Montenegro und eine riesige Smaragdeidechse im kroatischen Gebirge.
Vor allem aber haben wir viele Straßenhunde getroffen. In Griechenland, Albanien und Montenegro verging kaum ein Tag, ohne dass ein Hund unseren Weg kreuzte oder uns schwanzwedelnd begrüßte – egal ob mitten in Städten, an Stränden oder in abgelegenen Bergdörfern. Frei herumlaufende Hunde sind auf Reisen quer durch Süd- und Osteuropa allgegenwärtig. Oft leben sie auf sich alleingestellt an einem Ort, manchmal haben sie ein Zuhause und ziehen über Tag allein durch die Straßen. Nur selten ist ein Mensch dabei, der mit ihnen Gassi geht.
Straßenhunde begegneten uns immer wieder
Manche Straßenhunde haben wir immer wieder getroffen, wenn wir länger an einem Ort waren. Oft hatten wir ein Leckerli für sie dabei. Aber ist es überhaupt richtig und sinnvoll, sie zu füttern, wenn auch nur mit einer Kleinigkeit? Auch über andere Fragen habe ich mir während unserer Reise immer wieder Gedanken gemacht: Darf ich einen Straßenhund anfassen? Oder sollte ich das lieber lassen? Auch entdeckten wir mehrere Male ausgesetzte Welpen am Straßenrand. Wir wollten ihnen gerne helfen – aber wie? Wir waren ja auf der Durchreise.
Fragen, die ich mir nie zufriedenstellend beantworten konnte. Damit du für deine nächste Reise besser gewappnet bist, als ich es war, habe ich beim Tierschutzbund um eine Einschätzung gebeten: Wie verhalte ich mich als Touristin am besten gegenüber Straßenhunden?
Die meisten Straßenhunde, die in Orten lebten, habe ich als freundlich gegenüber Menschen erlebt. Sie haben uns Reisende meistens neugierig begrüßt. Wenn sie uns öfter sahen, haben sie uns wiedererkannt und sich mit uns "angefreundet". In einem Ort in Montenegro hat uns ein Straßenhund durch die komplette Altstadt "geführt", als hätte er nur auf zwei Touristen gewartet, denen er bei einem Abendspaziergang einmal seine Hood zeigen kann.
Wie sollte ich Straßenhunden grundsätzlich begegnen?
Auch Lisa Hoth-Zimak vom Tierschutzbund bestätigt, dass die meisten Straßenhunde in städtischen Regionen Menschen oft freundlich zugewandt sind, da sie beispielsweise in der Nähe von Restaurants mitgefüttert werden. "Allgemein sollte man sich ruhig verhalten und keinerlei Bedrohung darstellen", rät die Fachreferentin für Heimtiere. Man solle lieber keinen direkten Augenkontakt herstellen, sich nicht über den Hund beugen oder gar mit der Hand über den Kopf fassen.
In ländlichen Regionen ist etwas mehr Vorsicht geboten, wenn man einem Hund begegnet – vor allem wenn keine Einheimischen dabei sind, die Orientierung zu der Situation geben. Wenn ein Hund bellt oder knurrt, solle man weiter ruhig bleiben, keinesfalls wegrennen oder schreien, sondern langsam mit vergrößerndem Abstand vorbeigehen, rät Lisa Hoth-Zimak. Auch diese Situationen haben mein Mann und ich während unserer Reise erlebt, aber nur selten. Einmal trafen wir während einer Wanderung in Albanien mitten im Gebirge auf einen bellenden Hund. Da wir sein Verhalten als agressiv wahrnahmen und kein Besitzer in der Nähe war, der ihn zurückrufen konnte, kehrten wir lieber stillschweigend um.
Ob der Hund wirklich angegriffen hätte? Wir wissen es nicht. So genau konnten wir seine Körpersprache nicht deuten. Lisa Hoth-Zimak empfiehlt, sich vor Begegnungen mit Straßenhunden mit der Körpersprache der Tiere auseinanderzusetzen, um das Verhalten besser verstehen zu können: Ist ein Hund entspannt? Oder ängstlich?
Darf ich Straßenhunde streicheln oder sollte ich das besser lassen?
Grundsätzlich spricht laut Lisa Hoth-Zimak nichts dagegen, einen Straßenhund zu streicheln – wenn man sein Verhalten gut einschätzen kann und er freundlich auf einen zukommt. In einigen Situationen solltest du aber davon ablassen: Wenn es um Ressourcen geht, also sich zum Beispiel zwei Hunde gleichzeitig für das Essen in deiner Hand interessieren, solltest du Vorsicht walten lassen. Auch solltest du einen Hund nicht streicheln, wenn er nicht von sich aus auf dich zukommt oder sogar wegrennt. Dann solltest du ihn in Ruhe lassen.
Wenn du dir unsicher bist, solltest du die Tiere lieber nur aus der Entfernung beobachten, rät Lisa Hoth-Zimak. Auf jeden Fall solltest du im Hinterkopf haben, dass Straßenhunde oft nicht nur Gutes erlebt haben. "In vielen Ländern werden sie noch misshandelt: wurden ursprünglich an der Kette gehalten, getreten oder geschlagen oder Schlimmeres", sagt die Expertin. Auch wichtig zu wissen: "Je nachdem in welchem Land und in welcher Region man sich aufhält, spielen zudem Erkrankungen eine Rolle, wie beispielsweise in südlichen Ländern der Hautwurm (Dirofilaria repens), aber auch andere Parasiten (z.B. Flöhe, Würmer) oder auch Infektionskrankheiten wie die Tollwut." Am besten informierst du dich im Vorfeld über Erkrankungen beziehungsweise die Verbreitung von Infektionserregern an deinem Reiseziel. Im Zweifel gilt: besser nur beobachten als anfassen und streicheln.
Ist es sinnvoll, Straßenhunde zu füttern?
Lisa Hoth-Zimaks Antwort ist eindeutig: "Nicht einfach so füttern: Es sollte vermieden werden, Straßenhunde zu füttern, es sei denn, man ist in einer koordinierten Tierschutzaktion involviert." Sie empfiehlt die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten vor Ort. Denn: Wenn Touristen Hunde kurzzeitig füttern, ist den Tieren langfristig nicht geholfen. Magst du trotzdem helfen, fragst du am besten in einem Tierschutzverein vor Ort nach, ob du Futter vorbeibringen oder eine Futterpatenschaft übernehmen kannst. Tierschützerinnen und Tierschützer kümmern sich oftmals an bestimmten Futterstellen um "ihre" Tiere. Der Vorteil ist, dass sie dabei Krankheiten und Verletzungen schnell erkennen können. Auch fällt ihnen meistens auf, wenn ein Tier fehlt. "Werden diese Tiere woanders gefüttert, entgehen sie dieser sinnvollen und notwendigen Kontrolle", sagt Lisa Hoth-Zimak.
Was kann ich machen, wenn ich Welpen am Straßenrand finde?
Um den jungen Hunden zu helfen, kannst du örtliche Tierschutzorganisationen oder Tierheime über deinen Fund informieren. "Diese Organisationen haben Erfahrung im Umgang mit Straßentieren und können helfen, Lösungen zu finden", sagt Lisa Hoth-Zimak. Auf keinen Fall solltest du einfach so einen Welpen von der Straße auflesen. Eine Ausnahme sieht die Expertin in Situationen, in denen Lebensgefahr für das Tier besteht. Aber auch dann solltest du unbedingt darauf achten, dich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Vom Mitnehmen eines Hundes aus dem Urlaubsland nach Deutschland rät Lisa Hoth-Zimak ab: "Einerseits gilt es, die rechtlichen Grundlagen zu erfüllen, andererseits ist mit dem Import eines einzelnen Tieres eben nur diesem Tier geholfen. Sinnvoll ist die Hilfe vor Ort."
Aus diesem Grund empfiehlt sie, Kastrationsprogramme zu unterstützen: "Sie sind eine der effektivsten Methoden, um das Leiden von Straßenhunden zu verringern." Die Population werde durch sie kontrolliert und damit das Elend der Tiere reduziert. Auch Spenden an Tierschutzorganisationen seien sinnvoll, um langfristig und von zu Hause aus zu helfen. "Tierschutzorganisationen vor Ort benötigen oft finanzielle Unterstützung, um ihre Arbeit fortzusetzen", sagt Lisa Hoth-Zimak. Einen seriösen Verein erkennst du daran, dass er als gemeinnützig anerkannt ist, keine Vermittlung mit emotionalem Druck durchführt und die Tiere über alle nötigen Impfungen und Papiere verfügen. Ein weiteres gutes Zeichen ist, dass der Verein sich nachhaltig für den örtlichen Tierschutz einsetzt.
Du kannst nicht jedem Tier helfen
Tieren vor Ort zu helfen, ist als Reisende oft schwierig. Auch mein Mann und ich haben mehrere Male Welpen am Straßenrand gefunden. Wir haben lokale Tierschutzorganisationen darüber informiert – ob unsere Meldung etwas gebracht hat und sich jemand um die Hunde gekümmert hat, haben wir nie erfahren. Manche haben auch gleich signalisiert, dass sie nicht noch mehr Tiere aufnehmen können. Unsere nächste Reise wird uns voraussichtlich nach Griechenland führen. Dort werden wir wieder auf viele Straßenhunde treffen – und diesmal in einigen Situationen sicherlich noch besser reagieren können. Aber wir haben auch verstanden: Wir können nicht jedem Tier helfen. Umso sinnvoller finde ich es, auch aus der Sicht der Reisenden, Kastrationsprogramme und seriöse Organisationen vor Ort zu unterstützen, um die Population von Straßenhunden einzudämmen und gezielt zu helfen.
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