Hundetrainerin oder Hundetrainer werden – diesen Traum wollen sich heutzutage mehr Menschen erfüllen als noch vor einigen Jahrzehnten. "Der Job wird für viele immer spannender", sagt Benjamin Kirmizi, Geschäftsführer des Berufsverbandes für Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen (BHV). "Die Nachfrage nach unserer Ausbildung ist groß." Der BHV bietet in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Potsdam das Zertifikat zum/zur "Hundeerzieher/in und Verhaltensberater/in (IHK)" an, die einzige Hundetrainerausbildung in Deutschland, die durch eine öffentlich-rechtliche Kammer mitgetragen wird. "Die Partnerschaft zwischen BHV und IHK ist ein erster Schritt zu einem bundeseinheitlichen Berufsbild", sagt Kirmizi.
Denn: Bisher ist der Beruf Hundetrainer nicht staatlich anerkannt. Dementsprechend sind die Wege in den Job vielfältig. Benjamin Kirmizi zum Beispiel hat durch einen Nebenjob während des Jurastudiums seine Leidenschaft für das Hundetraining entdeckt und sich einen großen Teil seines Wissens über Fortbildungen angeeignet. Auch Hunde- und Tiertrainerin Wibke Hagemann, die mit Hunden aber auch Zootieren arbeitet, hat durch ein "Zusammenspiel aus vielen Fortbildungen" in den Job gefunden. Sie reiste dafür in die USA und investierte ihren Urlaub für Praktika im Zoo. Heute sagt sie: "Eine Portion Verrücktheit gehört dazu, wenn man Tiertrainerin werden möchte!" Und lacht.
Wie gelingt der Einstieg in den Job? Wir haben mit Benjamin Kirmizi und Wibke Hagemann über die Ausbildung, die Voraussetzungen und seine Herausforderungen gesprochen – aber auch über die Erfolgserlebnisse und die Glücksmomente als Hundetrainerin oder Hundetrainer.
Welche Fähigkeiten sollte ich als Hundetrainer mitbringen?
"Das Wichtigste ist – und das unterschätzen viele: Ich sollte viel Spaß daran haben, mit Menschen zu arbeiten", sagt Benjamin Kirmizi. "Denn eigentlich trainieren wir Menschen – und zwar mit ihren Hunden." Somit seien Hundetrainerinnen und Hundetrainer im Prinzip in der Erwachsenenbildung tätig. "Einige merken im Laufe ihrer Ausbildung, dass sie keine Lust haben, mit den Hundehaltern zu arbeiten", weiß Benjamin Kirmizi. "Andere starten sehr enthusiastisch in die Ausbildung und erzielen nicht die Erfolge, die sie sich erhofft haben." Das führe zu Frustration. "Man sollte viel Geduld mit seinem Gegenüber haben", sagt auch Wibke Hagemann. Als Tiertrainer könne man nichts im Hauruckverfahren durchsetzen. Häufig müsse man neue Wege finden, um Probleme zu lösen. Dazu gehöre auch eine Bereitschaft, immer wieder Neues zu lernen.
Um Enttäuschungen vorzubeugen, empfiehlt Benjamin Kirmizi ein Praktikum in einer Hundeschule als Vorbereitung auf die Ausbildung. Man sollte den Alltag eines Hundetrainers kennenlernen. Auch sollte man sich gut über die Ausbildung informieren – besonders wichtig: Theorie und Praxis sollten dabei in der Balance sein. Die Ausbildung sollte nicht ausschließlich online stattfinden. Mindestens die praktischen Module sollten in Präsenz sein.
Was sollte man vorher über den Arbeitsalltag eines Hundetrainers wissen?
"Als Hundetrainer hat man in der Regel unorthodoxe Arbeitszeiten", sagt Benjamin Kirmizi. "Man arbeitet dann, wenn andere frei haben." Das bedeutet: häufiger nachmittags und abends und auch am Wochenende, eben dann, wenn die Kunden mit ihrer Arbeit fertig sind und sich ihrem Hund widmen können. Allerdings: "Durch Corona haben sich die Arbeitszeiten etwas verschoben. Durch das Homeoffice haben die Leute mehr Freiheiten." Und so finden mehr Trainings auch vormittags statt.
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Ein zweiter, nicht zu unterschätzender Punkt ist: das Wetter. "Als Hundetrainer bin ich oft und viel draußen", sagt Benjamin Kirmizi. "Auch bei Schietwetter. Das sollte mir nichts ausmachen. Ich sollte vorher wissen, ob ich wetterfest bin."
Wie verläuft die Ausbildung zum Hundetrainer?
Die Ausbildung besteht bei den meisten Anbietern aus einem Theorie- und einem Praxisteil. Für das Zertifikat von BHV und IHK absolviert man 360 Theoriestunden, die zum Teil online durchgeführt werden. Die 350 Praxisstunden finden in anerkannten Betrieben, also ausgesuchten Hundeschulen in ganz Deutschland statt. "So garantieren wir, dass die Qualitätsstandards gleich sind", sagt Benjamin Kirmizi. Schwerpunkte der Ausbildung sind das Lernverhalten und Problemverhalten von Hunden, aber auch eine unternehmerische Weiterbildung und Themen aus dem Tierschutz und der Tierethik. "Im Praxisteil lernt man alles von der Pike auf", sagt Benjamin Kirmizi. Es geht um alle möglichen Alltags- und Problemsituationen: Wie bringe ich einem Hund ,Sitz' bei? Was mache ich, wenn ein Hund Angst vor Geräuschen hat?
Wie lange dauert die Hundetrainer-Ausbildung?
Viele schaffen die Ausbildung innerhalb von zwei bis drei Jahren. Grundsätzlich habe man beim Zertifikat von BHV und IHK fünf Jahre Zeit bis zur Prüfung, so Benjamin Kirmizi. Schaut man sich die Ausbildungszeiträume anderer Angebote an, liegen die meistens zwischen 12 und 24 Monaten. Wibke Hagemann rät, sich genügend Zeit zu nehmen: "Man braucht auch seine Zeit, um Theorie und Praxis ineinanderzuführen und die gelernten Inhalte zu verdauen. Erst dann wird man richtig gut und ist auch bereit, zu unterrichten."
Was kostet eine Hundetrainer-Ausbildung?
Die Ausbildung zum Tiertrainer muss man selber zahlen. Laut Benjamin Kirmizi kostet sie im Durchschnitt zwischen 3000 und 6000 Euro. Das ist viel Geld – und vor allem für einen jungen Menschen, der noch nicht im Berufsleben steht, schwer aufzubringen. Aber: "Ich warne ausdrücklich vor Billig- und Lockangeboten", sagt Benjamin Kirmizi. Sei eine Ausbildung viel günstiger als der oben genannte Betrag, solle man hellhörig werden und hinterfragen, ob sie alle wichtigen Inhalte abdecke.
Zur Finanzierung der Ausbildung könne man sich bei der Agentur für Arbeit über Fördermöglichkeiten erkundigen. Auch sollte man bedenken, dass man im Rahmen einer Selbstständigkeit die Ausgaben für die Ausbildung steuerlich geltend machen könne. Ein Einstieg im Nebenerwerb sei eine tolle Möglichkeit, um sich als Hundetrainer auf den Weg zu machen.
"Man muss schon bereit sein, Investitionen zu machen", sagt Wibke Hagemann – und rät zum Sparen. Aus ihrer Erfahrung kommt für Aus- und Weiterbildungen sowie Investitionen für die Hundeschule schnell eine Summe in der Höhe des Preises für einen kleinen Neuwagen zusammen.
Was sind die rechtlichen Voraussetzungen, um als Hundetrainer arbeiten zu dürfen?
Man braucht eine Erlaubnis nach Paragraph 11 des Tierschutzgesetzes. Der Paragraph besagt, dass Menschen, die eine berufliche Tätigkeit mit Tieren ausüben,sich eine Genehmigung dafür einholen müssen. Das gilt für Hundetrainer, bisher aber nicht für Trainer, die mit anderen Tieren arbeiten. Der Amtstierarzt entscheidet darüber, ob alle Voraussetzungen erfüllt und eine Erlaubnis ausgestellt werden kann.
"Mit dem Zertifikat der öffentlich-rechtlichen Stellen wird in der Regel ohne eine weitere Prüfung eine Erlaubnis erteilt", sagt Benjamin Kirmizi. "Bei einem reinen Selbststudium oder einer nicht so gut nachvollziehbaren Ausbildung müssen angehende Tiertrainer häufiger noch eine Prüfung vor dem Amtstierarzt ablegen." Der Amtstierarzt habe die Hoheit über die Ausstellung der Erlaubnis. Benjamin Kirmizi und der BHV befürworten, dass es diese Erlaubnispflicht gibt – das komme dem Tierschutz zugute. Kritisch sehen sie allerdings, dass die Pflicht nur auf gewerblich Tätige beschränkt ist, also nicht für Ehrenämtler gilt.
Neben der persönlichen Eignung prüft der Amtstierarzt gegebenenfalls den Hundeplatz. Die behördliche Erlaubnis ist die Voraussetzung, um mit dem Gewerbe starten zu dürfen. Ansonsten muss man bei der Anmeldung und Ausführung eines Gewerbes noch weitere rechtliche und wirtschaftliche Dinge beachten.
Welche Herausforderungen kommen in der Ausbildung und in den ersten Berufsjahren auf mich zu?
"Viele Hundetrainer haben am Anfang eine leicht romantische Vorstellung des Berufs", sagt Benjamin Kirmizi und lacht. "Hatte ich auch!" Wie jeder Job werde auch dieser mit der Zeit ein Stück weit Routine. Eine große Herausforderung sei auch, die Bedürfnisse und den Bedarf der Kunden wahrzunehmen. "In erster Linie sind wir Dienstleister." Manchmal habe man selbst höhere Ansprüche als die Kunden. Man müsse aber lernen, sich auf die Wünsche der Kunden einzustellen.
Typische Startschwierigkeiten sind außerdem bürokratische Fragen zu AGBs und Herausforderungen im Umgang mit Behörden.
Von Anfang an sollte man darauf achten, sich ständig fortzubilden, rät Benjamin Kirmizi außerdem. In der Hundeerziehung überhole sich vieles schnell, immer wieder kämen neue Erkenntnisse hinzu. Darum sei es auch wichtig, sich einem Netzwerk wie etwa dem BHV anzuschließen. "Einzelkämpfer sind fachlich irgendwann überholt", sagt Kirmizi. Der Austausch unter Kollegen sei nicht zu unterschätzen. Auch sei es professionell, bei bestimmten Themen auf Experten aus dem Kollegenkreis verweisen zu können.
Auch Wibke Hagemann betont, wie wichtig eine solide und umfangreiche Ausbildung, aber auch die Weiterbildung ist: "Sie gehört zum Job. Darum sollte man als Tiertrainerin gerne lernen und Fragen stellen." In der Arbeit mit Lebewesen werde man immer wieder mit neuen Fällen und Situationen konfrontiert. Um den Transfer von erlerntem Wissen in die Praxis hinzubekommen, gebe es viele Möglichkeiten: Praktika, Supervision und Coachings durch andere Trainer. Auch könne man sich thematisch weiterbilden. Bei Wibke Hagemann kann man zum Beispiel Fortbildungen als "Welpenfachtrainer*in" und "Angsthundetrainer*in" machen.
Wann macht es so richtig Spaß, Hundetrainer zu sein?
"Fast jeden Tag!", sagt Benjamin Kirmizi. "Es ist einfach super, dass man mit seiner Arbeit Menschen und Tieren helfen kann." Man könne ihre Lebensqualität verbessern und spüre oft die Dankbarkeit der Kunden. Die Situationen, in denen man helfen kann, seien vielfältig: "Mal bereite ich einen Welpen auf sein Leben vor. Mal helfe ich Menschen, die gerade verzweifelt sind, weil ihr Hund an der Leine zieht und sie sich kaum noch trauen, mit ihm herauszugehen." Wenn dann schon nach wenigen Wochen Besserungen zu spüren sind, sei das auch für den Hundetrainer, die Hundetrainerin ein schönes Gefühl.
Tiertrainerin Wibke Hagemann bereitet es große Freude, wenn sie einen Auftrag für eine Tierart bekommt, mit der sie noch nicht gearbeitet hat. Dabei spiele es keine Rolle, ob es Füchse, Löwen oder Vögel seien: "Wenn ich mit einer neuen Tierart trainiere, kann ich immer wieder staunen. Das macht mich dann sehr glücklich."
Hinter den Kulissen: Tiertrainerin Wibke Hagemann über ihre Arbeit im Zoo