Fragt man Cinta Hamacher, was sie an Welpen so liebt, lacht sie und sagt: "Dass sie schnell groß werden!" Die Hundetrainerin aus Osnabrück hat bereits mehrmals Welpen aufgezogen, mal war es relativ einfach, mal schwieriger. "Ernsthaft: Ich liebe Welpen", sagt sie im Interview mit Petmos. "Aber ja, ich freue mich auch immer, wenn sie dazulernen und zu jungen Hunden werden." Für ihre Arbeit als Trainerin hilft es ihr, immer wieder Welpen aufzuziehen. Sie erinnern sie an die Herausforderungen, die ihre Kundinnen und Kunden mit ihnen haben. "Die schwierigen Dinge vergisst man ja so schnell wieder", sagt Cinta Hamacher. "Wie bei Kindern."
Auch sonst sei einiges vergleichbar damit, Eltern zu werden – nur, dass die Entwicklungsphasen bei Hunden nicht so lange dauern wie bei Menschen.
Die Vorstellung vom Zusammenleben mit einem Welpen sei oft "romantisch", voller großer Erwartungen und geprägt durch perfekte Filmhunde wie "Lassie".
"Die ersten Tage mit einem Welpen sind oft voller Verliebtheit", weiß Cinta Hamacher. Dann breche die Realität über die frischgebackenen Frauchen und Herrchen hinein.
"Welpen machen Welpensachen. Sie schlafen nicht nur friedlich." Sie bellen, buddeln und beißen Gegenstände kaputt. "Manche sehen gar nicht, dass das normales hündisches Verhalten ist."
Cinta Hamacher und die Kraft von Videos im Hundetraining
Die größten Herausforderungen mit einem Welpen
Mit einem Welpen haben viele Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer selbst eine Menge zu lernen. "Die größte Herausforderung ist, die Vorstellung vom Zusammenleben mit dem Tier und die Realität zusammenzubringen", sagt Cinta Hamacher. Die Ansprüche seien zu hoch. Die Dinge, die Welpen machen, würden oft als Probleme und nicht als normales Verhalten während der Entwicklung bewertet.
Die hohen Ansprüche sind auch für die Hundetrainerin die größte Herausforderung in der Zusammenarbeit mit den Menschen. Oft sei ein Theorie-und Praxis-Abgleich erforderlich. Manchmal sei das Verhalten des Welpen den Frauchen und Herrchen peinlich. Manche würden sich schämen, weil sie die Überforderung spüren. Sie waren davon ausgegangen, dass es doch eigentlich nicht schwer sein könnte, einen jungen Hund bei sich aufwachsen zu lassen. Ein Stück weit kann Cinta Hamacher ihnen die Scham und die Erwartungen an sich selber nehmen: "Niemand kommt mit dem Wissen auf die Welt, wie man einen Hund erzieht." Auch das müsse man lernen.
Die Hundetrainerin weiß: "Das Leben verändert sich, wenn ein Welpe einzieht." Es könne sein, dass man eine Zeit lang nicht so viel aus dem Haus gehen könne, weil man den Welpen noch nicht allein lassen oder ihn nicht mitnehmen kann. Da sei es hilfreich, wenn man ein gutes soziales Netzwerk habe – Freunde, Familie, Bekannte, die ab und zu als Hundesitter einspringen können. Auch könne es sein, dass man – wie bei Babys – nachts wenig zur Ruhe komme. "Und wir wissen alle, wie stark Schlafmangel die eigene Impulskontrolle beeinflussen kann", sagt Cinta Hamacher. Mit all dem müsse man rechnen. Es könne aber auch anders kommen, wenn man einen sehr pflegeleichten Welpen hat.
Darauf solltest man bei einem Welpen achten
Vor allem zwei Dinge sollten Menschen mit Welpen laut Cinta Hamacher beachten: Die Tiere sollten genügend Schlaf bekommen und keiner Reizüberflutung ausgesetzt sein. Mit Welpen solle man nicht sofort ganze Spaziergänge unternehmen. Es sei wichtig, ihnen Sicherheit zu geben und sie nach und nach auf das Zusammenleben im Umfeld des Haushaltes vorzubereiten. Dafür solle man sich genau überlegen, was und welche Orte der Welpe kennenlernen sollte.
Cinta Hamacher regt an, die Orte nach einem bestimmten Muster aufzusuchen. So habe sie es auch mit ihrer Harper gemacht. Mit dem Welpen im Hundeanhänger habe sie ihm langsam ihre Welt – den Wald, Parks, Seminarräume, Restaurants – gezeigt. Immer seien drei Dinge dabei gewesen: eine Decke, ein Kong-Spielzeug und eben der Anhänger. So habe Harper die vielen neuen Reize aus einer sicheren, gleichbleibenden Situation kennengelernt.
Eine Überflutung mit neuen Reizen könne dazu führen, dass das Tier diese nicht bewerten und verarbeiten kann. Das wiederum könne Ängste oder andere Probleme hervorrufen. "Die Umwelt hinterlässt immer Spuren", betont Cinta Hamacher und empfiehlt daher, behutsam mit den jungen Tieren umzugehen. Ratsam sei auch, sich anzuschauen, was sie beim Züchter bisher kennengelernt haben und diese Dinge für zu Hause zu übernehmen, zum Beispiel einen Parcours aufzubauen.
Diese Entwicklungsphasen gibt es bei Welpen
Welpen durchleben in ihrer Entwicklung nach einer Studie von Scott und Fuller vier Phasen: die pränatale, die neonatale, die transitionale und die Sozialisierungsphase. Die pränatale Phase ist die Zeit vor der Geburt, in der die Lebenssituation der Mutter und ihre Hormonspiegel bereits erste Auswirkungen auf das Tier hat. Die neonatale Phase sind die ersten 14 Tage nach der Geburt. In dieser Zeit geht es vor allem darum zu schlafen, Nahrung aufzunehmen und zu wachsen. Am Ende dieser Phase können Welpen normalerweise ihre Augen öffnen und auf ihren Pfoten stehen. In der transitionalen Phase lernen sie, optische und akustische Reize zu verarbeiten. Auch schaffen sie es in dieser Phase selbstständig und ohne Hilfe der Mutter Harn und Kot abzusetzen. Die Sozialisierungsphase bricht nach etwa 20 Tagen an und dauert ungefähr bis zur 14. Lebenswoche.
Während der Sozialisierungsphase gibt es laut Cinta Hamacher meistens einige Wochen, die als "sensible Phase" bezeichnet werden. Sie gilt als oft besonders wichtige Zeit für die Entwicklung. Das bedeutet aber auf der anderen Seite nicht, dass junge Hunde auch außerhalb dieser Zeit oder später noch dazulernten. "Die Erziehung eines Welpen ist kein Sprint, auch kein Marathon. Es geht dabei um Entwicklung." In der sensiblen Phase würden auch schnell unangenehme Dinge verknüpft.
Neben einem langsamen Heranführen an die Welt empfiehlt Cinta Hamacher auch, Welpen früh mit anderen Tieren in Kontakt zu bringen. Auch wenn eine Katze im Haus lebt, sollten die beiden sich schnell kennenlernen, damit das Zusammenleben zur Normalität werde. "Idealerweise ist die Katze trainiert", sagt Cinta Hamacher. Bei der Heranführung sollte Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer positive Assoziationen schaffen und auf die individuellen Bedürfnisse der Tiere achten.
Spielen mit Welpen
Eines von Cinta Hamachers Lieblingsthemen ist das Spielen in Verbindung mit der Belohnung des Tieres. Auch für das Spielen mit einem Welpen hat sie einige Tipps. Bei der Auswahl des Spielzeugs sollte man darauf achten, dass es weich und lang sei, damit das junge Tier den Menschen im Spiel nicht in die Hand beißen könne. "Meine Welpenspielzeuge sind mindestens 1,70 lang", so Cinta Hamacher. Auch ans Spielen sollte man Welpen nach und nach heranführen – interessant sei oft Spielzeug, das sich langsam bewege. Während des Zahnwechsels sollte man besonders vorsichtig sein. Auf "Zerren" sollte man verzichten. Auch sollte man mit der Erregung des Tieres umgehen und diese wieder drosseln können. Damit das Tier nicht die Lust am Spiel verliere, sei eine gewisse Technik und Spielchoreografie hilfreich – letztere sei aber je nach Tier individuell.
Ein Welpe könne sich noch nicht selbst zurücknehmen, seine Impulse regulieren. Es liege in seiner Natur, auf sich aufmerksam zu machen, zu bellen, um Futter zu bekommen. Das Gehirn des Tieres müsse sich erst entwickeln, das dauere eine Zeit. Indessen müsse sich mit den Ups und Downs des Tieres auseinandersetzen. "Was heute bei einem jungen Hund funktioniert, kann morgen schon nicht mehr klappen", weiß die Hundetrainerin. Das sei normal. Wenn man auf diese Achterbahnfahrt keine Lust habe, sei es vielleicht besser, sich einen drei- bis vierjährigen, schon gefestigten Hund anzuschaffen, bei dem die Tage beständiger verlaufen. Nicht jeder traue sich einen – möglicherweise traumatisierten – Hund aus dem Tierschutz zu. "Manchmal gibt es aber auch die Möglichkeit, ein älteres Tier zu übernehmen, dessen Besitzerin oder Besitzer gestorben ist", rät Cinta Hamacher. Auch hier sei eine Eingewöhnung nötig, oft sei das Tier aber gefestigt und im Umgang mit anderen Tieren und Kindern erprobt.
Die Hundetrainerin liebt es, Welpen auf ihrem Weg beim Erwachsenwerden zu begleiten – und wird es, das ist im Interview mit Petmos herauszuhören, wohl trotz aller Herausforderungen immer wieder tun. "Bei der Erziehung eines Welpen trete ich sozusagen in Vorkasse", sagt Cinta Hamacher. "Die Lorbeeren kann ich ernten, wenn die Hunde 10 Monate und älter sind. Dann kann ich mir sagen: Es hat sich gelohnt."
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